Create Your First Project
Start adding your projects to your portfolio. Click on "Manage Projects" to get started
Miss Yuniverse
Künstler
Boris Kralj
Kuratorin
Isabelle Meiffert
Ort
Fata Morgana, Berlin
Datum
Juli 2016
Schillernde Sirenen des Sozialismus: Die Serie MISS YUNIVERSE des Modefotografen Boris Kralj, der aus einer Gastarbeiterfamilie stammt, zeigt glamourös-dämonische Portraits jugoslawischer Volkssängerinnen und war im Juli 2016 in einer Einzelausstellung bei Fata Morgana in Berlin Mitte zu sehen.
In den 1970er und 80er Jahren traten die prunkvollen Sängerinnen aus Jugoslawien nicht nur in ihrem Heimatland, sondern häufig auch vor jugoslawischen Gastarbeiter_innen in Deutschland auf. Live auf der Bühne oder auf VHS-Kassetten, die wieder und wieder in ihren Wohnzimmern, gemeinsam mit Freunden und Familie, abgespielt wurden. Ihre Texte waren melancholisch, handelten vor allem von Leid, Liebe, Schmerz und Einsamkeit.
Boris Kralj erinnert sich noch genau an die schillernd-schönen Frauen der MISS YUNIVERSE und an die gemeinsamen Video-Abende:
„Ihre Stimmen und ihre Musik erwecken noch heute Euphorie und Beklemmung zugleich. Während die mondänen Frauen sangen, habe ich beobachtet, was für enorme Auswirkungen sie auf meine Familie und meine Umgebung hatten. Die Fernsehzuschauer_innen schienen sich in Marionetten zu verwandeln. Sie haben sich singend und weinend an ihre Herzen gefasst. Die Sängerinnen schienen sie wie Sirenen in ihren Bann zu ziehen.“
Die Bilder – Found Footage der letzten VHS-Kassetten aus Jugoslawien – zeigen Momentaufnahmen dieser Frauen, in denen ihr verführerischer Ausdruck einem dämonischen weicht. Ihre dramatische und ekstatische Mimik und Gestik lässt ihre wie von Schmerz entstellten Gesichter fast unheimlich erscheinen. Ohne Bewegung und ohne Ton werden sie ihrer Macht beraubt. Sie werden den Betrachter_innen als regungslose und dennoch schaurige Subjekte hinter Glas präsentiert. Wehrlos und still. Ihre Show ist zu Ende.
In dieser künstlerischen Arbeit Kraljs wird ein Stück jugoslawisch-deutsche Kulturgeschichte verhandelt. Dabei ist der Blick zurück nicht verklärt, sondern kritisch. Er reflektiert die ambivalente Wirkung der Sängerinnen auf Gastarbeiter_innen in Deutschland und West-Europa.
Boris Kralj ist als Modefotograf bekannt geworden und verfolgt parallel seit vielen Jahren freie künstlerische Projekte. Seine Serie My Belgrade wurde mehrfach ausgestellt und international besprochen. Begleitend ist ein Buch erschienen. Auch bei MISS YUNIVERSE verbindet er Leidenschaft und persönliche erlebte Geschichte.