top of page

Create Your First Project

Start adding your projects to your portfolio. Click on "Manage Projects" to get started

und woran glaubst du?

Künstler:innen

Antje Blumenstein, Audrey Hope, Egle Otto, Achim Riethmann, Ehsan Soheyli Rad

Kurator:innen

Nick Koppenhagen, Isabelle Meiffert

Ort

xpon-art, Hamburg

Datum

März 2015

Die Abschlussausstellung des Glaubensjahres bei xpon-art hat sich mit dem Abfallen vom Glauben, mit dem Scheitern und den Gescheiterten auseinandergesetzt. Nachdem es bei UND WORAN GLAUBST DU? ein Jahr lang um verschiedene Formen von (Alltags-) Glau­ben ging, wurde in der Abschlussausstellung die Negation unseres Glaubens thematisiert. Die Auflösung des Glaubens an unterschiedliche gesellschaftliche Systeme wie das Kunst-, Medien- und Rechtssystem wurden beleuchtet. Wann und warum fallen Menschen von ihrem Glauben ab? Einige der versammelten Positionen verhandeln dieses Thema sehr konkret und bieten unterschiedliche Perspektiven und Ein­blicke auf aktuelle gesellschaftliche Phänomene. In anderen Arbeiten wird der Glaubensverlust auf einer Metaebene reflektiert.

Antje Blumenstein hat für die Ausstellung ein monumentales, abstraktes, mit schwarzer Folie bezo­genes Objekt geschaffen. Sowohl die Form als auch das Knistern der eingeschnittenen Folien, die sich während der Ausstellung verändern und zusammenziehen, lassen Assoziationen an einen Scheiter­haufen zu. Er ist Symbol für unser Scheitern und die Gescheiterten. Die Hamburger Malerin Egle Otto hat ein düsteres Selbstportrait geschaffen. Es zeigt sie als kümmer­lichen Frosch. Ohne Beine liegt er am Boden; scheint sich nicht mehr fortbewegen zu können und mit der Situa­tion abgefunden zu haben. Auch die Protagonistinnen der Serie der gestürzten Eiskunstläuferinnen befinden sich in einer tragischen Situation. Das Scheinwerferlicht sowie der Facebook-Tag (Markierung) betonen diesen Moment des Scheiterns. Ist dieses Bloßstellen in den sozialen Netzwerken, in extremer Form bekannt als sogenannter ‚shit storm’, die zeitgenössische Form eines gesellschaftlichen Scheiter­haufens?
 Ehsan Soheyli Rads für die Ausstellung entwickelte Arbeit reflektiert das Phänomen von Justiz­irrtümern und wirft einige Fragen auf. Was passiert mit Menschen, die fälschlicherweise verurteilt wer­den? Ist die Verurteilung korrekt oder das Urteil, welches sie wieder aufhebt? Und wie erschüttert das Bekanntwerden von Fehlurteilen unseren Glauben an das Rechtssystem in seinem Anspruch, sowohl die Wahrheit (im Sinne eines feststehenden Tatbestandes) als auch das Gesetz (als normativ Gebotenes) zu vertreten? Der Hamburger Künstler Felix Thiele vertritt die Organisation Exit Art, die Künstler_innen beim Aus­stieg aus dem Kunstsystem professionelle Hilfestellung und Seelsorge bietet. Informationsmaterial liegt in der Ausstellung bereit. Das Abfallen vom Glauben an bestimmte Systeme wird auch in den Arbeiten von Achim Riethmann reflektiert. Seine Aquarelle zeigen Steinewerfer, die ihrem Kontext entrückt sind. Wer diese Personen sind, welche Motivation sie haben, wogegen sich ihre Wut richtet, bleibt unklar. Die Akteure sind in vie­len unterschiedlichen Szenarien vorstellbar und gehen tatsächlich auf Pressebilder zurück, die an verschie­denen Teilen der Erde aufgenommen wurden. Von der New Yorker Künstlerin Audrey Hope wird die Stoffinstallation The Empty Shrine gezeigt, die sich materiell und strukturell auf die Tradition des religiösen Grottenbaus bezieht. Pailletten, Federn, Muscheln, Lametta diverse, zum Teil bedruckte Stofffetzen, Sand und Plastikperlen – die Arbeit vereint viele unterschiedliche gefundene Materialien. Als leerer Schrein fehlt der Textilarbeit das Zentrum, wel­ches als eigentlicher Zweck der Produktion des Objektes dienen könnte. Stattdessen sehen wir eine Ober­fläche, die gleichermaßen abstoßend und anziehend wirkt und in ihrer düsteren Farbigkeit einen sehr grundsätzlichen Glaubensverlust erahnen lässt. Um die Suche nach einem größeren Sinn für unser Leben und dessen Scheitern geht es auch in der Arbeit vanitas vanitatum (‚Alles ist eitel.’ bzw. ‚Alles ist vergänglich.’) von Antje Blumenstein. Brauchen wir den Glauben, um mit unserer eigenen Endlichkeit zurechtzukommen? Durch den goldenen Farbauftrag werden gleichzeitig Assoziationen zu Reichtum und materiellen Werten wachgerufen. Im Ausstellungs­kontext scheint der Spruch auch an die Endlichkeit des Materialismus mahnend: Alles ist vergänglich.

bottom of page